Lily wuchs in der Großstadt Paris auf. Dort herrschte zu ihrer Zeit noch die Strenge, die man sich vorstellen konnte. Ihre Eltern hatten adeliges Blut und so kam es, dass Lily mit stolzen 10 Jahren fast mit dem Prinzen von Frankreich verheiratet worden wäre. Dieser entschied sich aber dann für die Prinzessin aus England, damit das mit den Kronen endgültig geklärt war. Lily versank in tiefe Depressionen, als sie davon erfuhr, dann sie und der Prinz hatten eine schöne Zeit miteinander gehabt. Das dies nun mit einem Schlag der Regierung zerstört wurde, wollte Lily nicht wahrhaben. Das durfte einfach nicht so sein. Selbst als 10-jährige war Lily schon sehr gefühlvoll. Sie ließ sich auch nicht so leicht etwas sagen, deswegen dachten auch alle, sie wäre perfekt, um Frankreichs Königin zu werden. Das dieser Traum so schnell vorbei war, das konnte Lily einfach nicht glauben. Sie war seit ihrer Kindheit damit aufgewachsen, irgendwann im höheren Adel zu sitzen. Für die Kleine brach eine Welt zusammen. Tagelang blieb sie auf ihrem Zimmer und keiner durfte mehr hinein. So ging das ca. 2 Jahre, dann starb die englische Prinzessin. Lily schöpfte neue Hoffnungen und tatsächlich. Ein paar Wochen später kam ein Botschafter des Königs und bat Lily und ihre Eltern auf den Hof zu kommen. Der König hielt, wie es in dieser Zeit Brauch war, bei Lilys Vater um ihre Hand an. Ihr Vater bestätigte die Hochzeit und Lily strahlte über das ganze Gesicht. Nun begannen die Hochzeitsvorbereitungen. Der ganze königliche Hof war wie ein Bienenstock. Überall strömten Menschen aus und ein und Lily war immer von Dienerinnern und Zofen umgeben. Alle wollten etwas von ihr. Sie musste Hochzeitskleider probieren, den Schleier testen. Sie lernte, wie sie sich als Königin zu benehmen hatte und all das. Der König schaufelte sich jeden Tag ein paar Stunden nur für Lily frei, um mit ihr auszureiten. Lily liebte diese Ausritte und sie gaben ihr ein Gefühl der Freiheit. Sie wusste, wenn sie erst einmal gekrönt war, dann würde das nicht mehr so einfach gehen.
Unaufhörlich tickte die Standuhr in der großen Halle. Der König saß neben mir, auf einem großen Stuhl. Heute sollte die Verlobung bekannt gegeben werden. Ich saß in meinem schönsten Kleid dort und wollte, dieser Moment würde nie vorübergehen. Mein Mann sah jeden Augenblick, in dem er dachte, seine Blicke würden nicht beachtet, zu mir hinüber und schenkte mir sein schönstes Lächeln. Ich war im Himmel. Für immer und ewig sollte es so weiter gehen. Nie mehr aufhören. Das war das, was ich mir am meisten wünschte. Nie mehr weg von hier. Da stand der Verkünder auf. Alle schauten zu ihm und er kündigte unsere Verlobung an. Ein Diener kam und mein Prinz schob mir den schönsten Verlobungsring aller Zeiten an den Finger. Ich würde ihn nie mehr ablegen. Wir schauten uns in die Augen und er küsste mich auf die Stirn.
Nach der Verlobung verlief die Zeit wie im Flug. Lily fühlte sich wie im siebten Himmel, obwohl sie nie alleine war und die Ausritte auch an Häufigkeit verloren. Sie sah nur noch die Hochzeit, genau wie er Prinz. Er sah zwar, dass er wenigstens ein paar Stunden mit Lily verbringen konnte, doch es ging nicht. Dann endlich war der große Tag da.
Ich wachte auf und mein ganzes Zimmer war in helles Sonnenlicht getaucht. Genau so hatte ich mir meinen Hochzeitstag vorgestellt. Genau so und nicht anders. Ich klingelte nach meiner Zofe, die sofort herbeigeeilt kam. Ich lächelte sie an und sie lächelte unsicher zurück. Sie half mir, aufzustehen und sie kleideten mich an. Das dauerte schon mal eine Stunde. Ich zog nämlich mein Hochzeitskleid an, oh was für eine Überraschung, nicht war. Ich war so glücklich. Ich ignorierte einfach alles um mich herum. Die Zofen und ein paar Schneider richteten mein Kleid so, wie es sein sollte, dann kamen die Schleierträgerinnen und hoben meinen Schleier auf und dann ging es los zur Kirche. Es sollte heute nicht nur meine Hochzeit sein, sondern auch meine Krönung. Wenn ich heute Mittag aus der Kirche gehe, bin ich die Königin von Frankreich und SEINE Frau. Der Weg zur Kirche war nicht weit, trotzdem musste ich aufpassen, dass mein Kleid nicht zerknitterte, als ich in der Kutsche saß. Endlich angekommen, stieg ich aus der Kutsche und die Schleierträgerinnen und Blumenmädchen eilten herbei. Unter den Klängen der Orgel trat ich in die Kirche. Mein Prinz sah so wunderhübsch aus, in seinem offiziellen Gewand. Ich wollte ihn nie mehr hergeben. Langsam schritt ich auf den Altar zu und dann ging alles sehr schnell. Ich hatte nur noch Augen für ihn und die Messe rauschte an mir vorbei wie ein Wasserfall. Die Worte „Ja, mit Gottes Hilfe“, sagte ich ganz mechanisch, genau wie er. Wir hatten nur Augen füreinander. Als ich dann gekrönt wurde, war er wieder ganz bei sich, genau wie ich, als er mir die schwere Krone auf den Kopf setzte. Alle unsere Gäste waren so still und es war so feierlich, ich fing an zu weinen. Mit verschleierten Augen sah ich in die Augen meines Traumprinzen und er half mir hoch. Gemeinsam schritten wir den langen Gang der Kirche hinunter zum Ausgang. Nun konnte ein rauschendes Fest beginnen. Doch, vor dem Abend. Da hatte ich Angst. Aber zuerst sollte ich das Fest genießen
Lilys Angst vor dem Abend erwies sich als unbegründet. Ihr Prinz war sehr fürsorglich und nett. Lily war glücklich. Sie lebte sich gut auf dem Hofe ein und hatte einen festen Platz neben dem König eingenommen. Sie liebte die Geschäftsreisen, auf die sie mit konnte. Nach neun Monaten bekam sie einen kleinen Prinzen. Alle am Hof waren gut drauf und feierten ausgelassen die Geburt des kleinen Prinzen. Lily war so glücklich wie nie zuvor. So sollte das Leben bleiben. Und so vergingen auch die Jahre. Eins nach dem anderen. Der kleine Prinz war das einzige Kind, das Lily gebar und der Arzt meinte, Lily könne auch keine weiteren mehr bekommen, doch dem König machte das wenig. Sie hatte ihm schon einen Thronfolger geschenkt und so war auch er zufrieden. Als ihr Sohn 4 Jahre alt wurde, begannen Unruhen im ganzen Land. Das Königspaar sorgte sich um ihren kleinen Sohn und schickten ihn zu Lilys Eltern. Sie hofften, dort wäre er sicher vor einem Anschlag. Keiner von beiden wollten ihren Sohn verlieren. Irgendwann kam es zu einem großen Krieg. Der König schickte seine Frau auch zu ihren Eltern, doch alles kam anders.
Wir wussten weder ein noch aus. Die Soldaten belagerten unser Haus. Ich hatte meinen Sohn auf dem Schoß und starrte angstvoll die Wand an. Mein kleiner Liebling schien gemerkt zu haben, dass irgendetwas nicht stimmte und verhielt sich ganz ruhig. Ein paar Minuten später stürmte mein Vater in den Raum.
„Lily, kommt. Wir müssten fliehen!“, rief er mir zu und ich hob meinen Sohn auf und stürmte hinter meinem Vater aus dem Zimmer. Meine Mutter stand schon in der Eingangshalle. Dort waren alle Vorhänge, es waren lange, blickdichte Dinger, vorgezogen. Sie hielt einen Kerzenleuchter in der Hand und mein Vater hielt nun auch einen. Wir gingen in den Keller. Dort wurde vor langer Zeit ein Geheimgang eingebaut. Man hatte ihn noch nie gebraucht und meine Mutter hatte sich immer darüber beschwert, doch nun waren wir alle froh, dass er existierte. Der Gang endete hinter unserem Grundstück, an einem Busch. Dort stand schon unser Kutscher mit einer Kutsche und wir stiegen voller Eile ein. Die Kutsche ruckelte den steinigen Weg hinab und die Pferde gaben alles, was sie konnten. Wir waren in großer Eile, doch da passierte es. Es gab einen lauten Knall und die Pferde wurden langsamer.
„Was ist los?“, fragte mein Vater den Kutscher, doch sie hörten nichts mehr von ihm.
„Steigt aus, einer nach dem anderen, mit erhobenen Händen.“, schrie uns eine unbekannte Stimme in den Wagen. Angstvoll stiegen wir aus. Ich sah, wie mein Vater vor mir zu Boden, ging. Danach konnte ich mich an nichts mehr erinnern.
Die ganze Familie kam nun in eine Burg und wurden in den Kerker gesperrt. Man folterte sie und Lily war bald am Ende ihrer Kräfte, doch sie und ihr Sohn hatten Glück. Man erkannte sie und sie wurden nach einiger Zeit aus der Gefangenschaft befreit. Es war zwar nicht ganz billig, aber es wurde alles für die freundliche Königin und den Thronfolger gemacht. Die Übergabe fand an einem kleinen Fluss statt. Lily stand ungeduldig neben ihrem Sohn, da erschienen die Gesandten des Königs. Das Lösegeld wurde übergeben, aber nicht Lily und ihr Sohn. Man schnappte sie und brachte sie in eine andere Burg. Dort wurden sie und ihr Sohn qualvoll gefoltert. Ihr Sohn hielt es nicht lange aus und starb nach zwei Wochen. Lily weinte Tag und Nacht um ihren kleinen Schatz. Nach einigen Wochen erreichte sie die Nachricht, dass ihre Eltern auch in ihrer qualvollen Gefangenschaft verstorben waren. Von ihrem Mann hörte sie nichts mehr. Sie selbst war nach weiteren 2 Monaten nicht mehr fähig, etwas zu essen, geschweige denn aufzustehen oder etwas zu sagen, so schlimm hatten ihre Wärter sie zugerichtet. Da kam eines Nachts ein Unbekannter in ihr Verließ. Sie sah ihn fragend an und er lächelte ihr zu.
„Hab keine Angst. Ich tu dir nichts.“, meinte er nur, nahm sie in seine Arme und verließ mit ihr die Burg. Er brachte sie in eine kleine Waldhütte, die etwas abgelegen war. Er lächelte sie an und sie viel in einen tiefen Schlaf. Da biss er zu.
Ich dachte, die Schmerzen hören nie mehr auf. Mir tat alles weh. Ich hörte nur, wie der Unbekannte dauernd murmelte ‚Es tut mir Leid, es tut mir so sehr Leid mein Schatz’. Als ich aufwachte, war ich allein. Doch ich wusste, es war mein Mann, der an meiner Seite gewacht hatte. Ich sah ihn danach nie mehr
Lily kämpfte sich durch das Land. Nirgendwo konnte sie Fuß fassen. Sie verstand auch ihren Durst nach Menschenblut nicht und erst recht nicht, warum ihre Augen plötzlich rot waren. Sie verstand einfach gar nichts mehr. Sie lebte einfach. Nach einigen Jahren traf sie einen weiteren, der so schein, wie sie es war. Gregor klärte sie auf. Er erzählte ihr alles über Vampire, ihre Feinde, ihre Essensgewohnheiten. Nur von der vegetarischen Methode erzählte er nichts. Davon wusste er auch nichts. Die beiden waren für einige Jahre Partner, dann beschloss Lily nach Amerika zu gehen. Das fremde Land reizte sie und so ging sie auf ein Siedlerschiff. Sie versuchte, nicht zu viele der Siedler umzubringen und auch hauptsächlich nur welche, die keine Familie hatten, doch das war nicht immer so einfach. Am Ende hungerte sie ca. 1 Monat. Als sie endlich in Amerika war, griff sie das nächst beste an. Ein Reh. Es schmeckte ihr, doch nicht so gut, wie ein Mensch, so blieb sie beim Menschenblut. In den nächsten 100 Jahren erkundete Lily ganz Australien. Vom Süden bis zum Norden. Irgendwann entdeckte sie ein klitzekleines Dorf namens Pandora. Dort lebten viele Menschen und die meisten schienen nicht normal zu sein. Wie sie eben. Freudig stürzte sie sich in das neue Abenteuer und hatte eigentlich nicht vor, länger zu bleiben, doch ihr gefiel es so gut, dass sie beschloss doch hier her zu ziehen.