Sam wachte auf. Müde sah sie auf ihren Wecker. Es war 3 Uhr morgens. In drei Stunden kam ihre Mutter normalerweise um sie zu wecken. Normalweise heißt selten. Sehr selten. Von unten hörte sie Schreie. Laute Schreie. Der Grund, warum sie aufgewacht war. Es konnte nicht möglich sein. Nicht schon wieder. Jeden Nacht war es dasselbe. Ihr Vater kam nach Hause, immer total betrunken, und fing erst einmal an, ihre Mutter zu schlagen. Deswegen wurde Sam meist auch nicht geweckt. Vorsichtig schielte sie zu Suze, ihrer 6 Jahre älteren Schwester. „Suze?“, flüsterte Sam leise, doch ihre Schwester schlief wie ein Murmeltier. Noch. Nicht mehr lange, und der Vater würde in ihr Zimmer stürmen und sich eine der zwei Mädchen als Oper aussuchen. Sam wusste, es wäre besser, sie würde so tun, als würde sie schlafen. Sie kuschelte sich wieder in ihr Bett und schloss die Augen, doch ganz einschlafen konnte sie nicht. Sie lauschte immer noch den Geräuschen in der Küche, die gleich neben an war. Mit einem glücklichen Seufzer nahm sie wahr, dass die lauten Geräusche abnahmen. Gut. Der Vater würde sich heute nicht ins Zimmer der zwei Mädchen wagen. Erst jetzt konnte sie befriedigt einschlafen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, hörte sie das Schluchzen ihrer großen Schwester. Schnell riss Sam die Augen auf. „Suze, was ist?“, frage Sam leise und setzte sich neben ihr Schwester, doch die schüttelte nur den Kopf. Sam akzeptierte das. Man konnte einfach nicht alles erzählen. Tröstend nahm Sam ihre große Schwester in den Arm. „Sam“, schluchzte Suze, „Er war heute nicht hier. Er … es war schlimmer als sonst. Er, er, er ...“, Suze blieb stecken, doch Sam konnte weiter denken. „Er hat dich ...“, auch Sam viel es schwer, das Wort auszusprechen. Zu viel Angst hatten die beiden davor. Sie wussten, irgendwann war es soweit. Der Vater hatte ständig Andeutungen gemacht. Einmal saß die Hand falsch auf der Brust, ein andermal rutsche sie, fast wie zufällig, auf den Schenkel von einem der Mädchen. Immer war es etwas anderes gewesen und immer hatte er das selbe Ziel verfolgt. „Also hat er dich ... vergewaltigt?“, Sam führte ihren Satz zu Ende und bei dem letzten Wort zuckte Suze zusammen und nickte. Ja, er hatte es getan. Mitten in der Nacht. Wahrscheinlich kurz nachdem Sam wieder eingeschlafen war. Die Mädchen lagen sich weinend in den Armen, da kam ihre Mutter ins Zimmer. Sie nahm die Mädchen gar nicht richtig war, sondern zog nur die löchrigen Vorhänge zurück. „Aufstehen ihr zwei.“, meinte sie kurz und verschwand wieder. Suze schluchzte noch einmal kurz und dann zogen die beiden sich an. Der Vater war, wie immer, nicht erschienen. Warum auch? Er musste seinen Rausch ausschlafen.
Sam und Suze lebten ihr Leben so weiter. Der Vater kam, der Vater ging. Aber er ging nie, ohne Schaden angerichtet zu haben. Entweder mit den zwei Mädchen oder der Mutter. Doch nach circa vier Monaten bemerkten sie etwas Unmögliches. Suze war schwanger. Und sie hatte keinen Freund. Es dämmerte Sam schon, was da los war. Das Kind war von ihrem Vater. Sie erzählte Suze von ihrem Verdacht. „Ja, das habe ich mir auch schon gedacht.“, antwortete diese nur. Beide Mädchen konnten es sich nicht vorstellen. Noch ein weiteres Kind, dass unter der Herrschaft ihres Vaters leiden musste. Sie wollten mit ihrer Mutter sprechen, die sich nie durchringen konnte, mit dem Vater Schluss zu machen.
Langsam schlichen wir in die Küche. Wir wussten, dort würde der Vater sitzen. Mit unserer Mutter auf dem Schoß. Als wir im Rahmen der Tür stehen, flüstert Suze leise: „Papa, könnten wir bitte kurz mit Mama sprechen?“ Man sieht ihr ihren Babybauch schon an, doch der Vater war rund um die Uhr besoffen, er merkte es gar nicht. Er schlägt nur immer weiter auf sie ein und jeder von uns hat Angst, Suze würde das Baby verlieren oder es würde mit einer Behinderung auf die Welt kommen. Der Vater stößt unsere Mutter nun hart gegen den Tisch und funkelt uns an: „Treibt es nicht zu weit.“ Danach geht er in den Nebenraum und kurze Zeit später hört man ein lautes Schnarchen. Wir stürzen auf unsere Mutter zu. „Mama, du musst dem allen ein Ende machen! Sofort!“, rufe ich ihr leise entgegen. „Bitte!“ Meine Mutter rappelt sich auf.
„Es geht einfach nicht, ich kann es nicht.“, schluchzt sie auf, „Es geht nicht.“ Flehend schauen wir zwei sie an.
„Okay, ich versuche es. Für euch und für das Baby“
Ihre Mutter tat wirklich, was sie konnte. Und kurz vor dem Geburtstermin für Suze’s Baby war es soweit. Sie sollten ausziehen, doch der Vater drehte durch. „Das könnt ihr nicht machen!“, schrie er sie an. Ihre Mutter schickte sie in ihr Zimmer, doch der Vater war schneller. Er zog Sam und Suze an den Haaren zurück. Sam traten die Tränen in die Augen. „Ihr bleibt gefälligst hier.“, blaffte er sie an. Dann fesselte er sie auf Stühle und zog die Vorhänge zurück, obwohl es erst später Nachmittag war. Da begannen für Sam, Suze und ihrer Mutter die schrecklichsten Stunden ihres Lebens. Nie würden sie diese vergessen.
Suze und ich saßen gefesselt auf einem Stuhl. Verängstigt schaute ich zu meinem Vater hoch. Die Fesseln schnitten mir das Blut für meine Hand ab und durch der Knebel schnitt mir die Luft aus. Stoßweise kam mein Atem aus meiner Nase und Panik machte sich in meinem Körper breit. Genau das, was ich gerade nicht brauchen konnte. Ich sah in den Augenwinkeln nach rechts. Dort saß meine Schwester. Sie sah genauso aus wie ich. Nur dass die Panik in ihren Augen Besitz ergriffen hatte. Und mein Vater würde das bemerken. Ich fiepte leise und Suze sah mich an. Ich legte alle Hoffnung auf mein Gesicht und ihr Ausdruck entspannte sich. Links neben mir saß meine Mutter. Ich selbst kam mir vor wie Jesus, dem wohl das Schlimmste bevorstehen wird. Mein Vater vergriff sich gerade an meiner Mutter. Ich verhinderte das, was mein Gehirn immer wollte: Nach links schauen. Ich wollte nicht sehen, wie mein Vater meine Mutter zurichtet. Und doch wollte ich. Ich zwang mich aber dazu, es nicht zu tun. Die Geräusche reichten aus. Die unterdrückten Schreie und das Stöhnen, es würde mir nie mehr aus dem Kopf gehen. Ich hörte, wie Kleider rissen und nackte Haut auf nackte Haut traf. Und sein Stöhnen. Sein grässliches, lautes Stöhnen. Schlagen wollte ich ihn dafür. Alles tun, damit es ihm schlecht ging, doch ich konnte nicht und würde es nie können. Das wusste ich. Meine Mutter schluchzte immer weiter und mein Vater bestrafte sie hart dafür. *Sei stark Suze, sei stark*, dachte ich nur, als mein Vater endlich von der Frau abließ, die mich geboren hatte, und hinüber zu meiner Schwester wanderte. Er war psychisch gestört. Wir hatten es gewusst und doch nichts dagegen unternommen. Ich schloss die Augen. Von links hörte ich das leise Weinen meiner Mutter. Von rechts hörte ich die Schläge und die Schreie meiner Schwester. Wieder das Reißen von Kleidern. Wieder das Klatschen seiner Hand auf ihren Körper. Wieder dieses grässliche Stöhnen von meinem Vater. Immer wieder packte mich die Wut und schüttelte mich, doch der Mann, der sich mein Erzeuger nannte, merkte es nicht. Meine Handgelenke bluteten, weil die Fesseln so sehr scheuerten. Und doch konnte ich nicht aufhören, wütend zu sein. Doch wer konnte so was schon kontrollieren. Eigentlich ja keiner, oder? Suze schluchzte neben mir, doch sie schaffte es, nicht zu weinen. Ich wurde noch wütender, als ich ihre Schluchzer hörte. Ich hatte Angst um ihr Baby. Er durfte dem Kleinen nichts tun! Die Stunden rannen. Ich bemerkte, wie es hinter den Vorhängen immer dunkler wurde. Mein Vater hatte einige Kerzen angezündet. Auf dem Tisch drei und neben jedem von uns zwei. Eine links und eine rechts. Endlich ließ mein Vater auch von meiner Schwester ab. Ich wusste, jetzt würde ich dran kommen. Ich öffnete die Augen. Ich war sein Lieblingskind, mich würde er am schlimmsten behandeln. Mein Vater sah mir ins Gesicht. „Hallöchen meine Kleine.“, hauchte er mir ins Gesicht. Ich roch seinen grässlichen Bieratem, doch ich reagierte nicht. Ich sah ihm nur starr auf in die Augen. In meinen Augen war nichts zu sehen. Ich hatte alle Emotionen aus meinen Gesicht verbannt. Sie würden mir nur extra Schmerzen einbringen. „Vater.“, flüsterte ich leise. Er grinste mich nur an. Er murmelte ständig meinen Namen und fing mit seiner Folter an. Schläge trafen mich überall. Meine Haut brannte und ich wusste, sie wäre total rot. Noch hatte ich alles an. Ich verkniff mir jeden Ton, der meiner Kehle entschlüpfen wollte. Ich ließ alles stumm über mich ergehen. Dann riss er mir die Kleider vom Leib. Alles. Ich saß nackt vor ihm. Er grinste mich immer noch schief an und griff dann nach einer Kerze. Nun wand mein Körper sich mit allen Maßnahmen, die ihm gegeben waren. Doch es half nicht viel. Das heiße Wachs tropfte auf meine Brust und meinen Oberkörper. Es zischte und roch unangenehm, doch mein Vater lachte nur. Er steckte sich eine Zigarre an und rauchte sie gemütlich. Dann drückte er sie auf mir aus. Jetzt schrie ich. Der Schmerz der heißen Zigarre brannte auf meiner Haut. Mein Vater sah befriedigt, doch ich wusste, er war noch nicht fertig. Er setzte sich auf meinen Schoß.
„So meine Kleine.“, murmelte er nur leise und gab mir einen Kuss. Er schmeckte ekelhaft nach Bier. Mein Vater setzte ab und grinste mich teuflisch an. Dann drückte er seinen Mund wieder auf meinen und zwang seine Zunge in meinen Mund. Am liebsten hätte ich darauf gebissen, doch ich tat es nicht. Zu meinem Gunsten. Er „durchwühlte“ mit seiner Zunge meinen Mund. Wegen dem Alkoholgeruch und –geschmack stieg mit die Galle hoch, doch ich konnte sie hinunter würgen. Dann ließ er endlich von mir ab. Dachte er. Doch er zog sich nur seine Hosen hinunter. Ich sah mit Entsetzen auf das, was es entblößte und schloss nur noch die Augen.
Samira wachte in völliger Dunkelheit auf. Ihre Augen brauchten etwas, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sam lag in einem ihr fremden Zimmer. Und allein. Verwundert blickte sie sich um und entdeckte eine Uhr. Es war 4 Uhr nachts. Langsam stand sie auf, zog sich den Bademantel an, der über einem Stuhl hing und öffnete die Tür. Im Flur brannte Licht und Sam sah verwundert von links nach rechts. Irgendwann entschied sie sich dann, nach rechts zu gehen. Ihre Schritte waren langsam. Immer auf Vorsicht bedacht. Irgendwann kam sie zu einem kleinen Raum, in dem noch Licht brannte. ‚Bereitschaftszimmer’ stand auf der Tafel, die rechts neben der Tür angebracht war. Leise und zögernd klopfte Sam an. Eine freundliche, helle Stimme rief ihr ein „Herein“ zu und Sam öffnete die Tür. Im Zimmer saß eine Frau mit blonden Haaren. „Samira, ich bin Sophie.“, meinte sie freundlich, „komm doch rein.“ Sam sah sie misstrauisch an. Woher kannte sie meinen Namen. Sam ging in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Wo bin ich und wo ist meine Mutter und meine Schwester?“, fragte sie. Sophie schüttelte traurig den Kopf. „Setz dich erst einmal.“ Sie deutete auf einen Stuhl und Sam setzte sich. Da fing Sophie an zu erzählen.
Die Nachbarn waren an allem „Schuld“. Sie hatten die Geräusche gehört und sie waren sie eigentlich gewöhnt, doch diesmal fanden sie irgendetwas auffällig und nach einigen Stunden riefen sie die Polizei. Sie durften sich auch einiges anhören lassen, warum sie früher nie etwas gesagt hatte. Die Polizei hatte Sam, Suze und ihre Mutter nackt auf drei Stühlen gefunden. Der Vater lag im Nebenzimmer. Total betrunken. Alle drei Frauen waren bewusstlos. Sie wurden in dieses Krankenhaus gebracht. Ihr Vater kam in die Psychatrie. Ihrer Mutter ginge es den Umständen entsprechend und ihre Schwester hat ihr Baby auf die Welt gebracht.
„Was?“, fragte Sam freudig. Sophie lächelte. „Es ist ein Mädchen. Aber sie ist verkrüppelt.“ Sam starrte die freundliche Schwester entsetzt an. Verkrüppelt. Das ist alles die Schuld ihres Vaters. Alles. Leise Tränen rannten Sam’s Wange hinunter. „Deiner Schwester und ihrem Kind, dass sie Mary genannt hat, geht es gut.“, versuchte Sophie Sam zu beruhigen und es half sogar.
„Samira, ich glaube, es ist besser, du gehst jetzt wieder zu Bett. Ich bringe dich noch in dein Zimmer.“ Die beiden gingen den Flur entlang zurück zu Sam’s Zimmer. Sie legte sich zurück in ihr Bett und schlief sofort ein.
In der Klinik kam die kleine Familie nach einigen Tagen zusammen in ein Zimmer. Die mit den schlimmsten Verletzungen war Samira, doch nach einigen Wochen wurden alle 4 entlassen. Samiras Mutter suchte sich einen Job und sie mieteten sich eine kleine Wohnung. Alles schien gut zu werden. Doch nach einigen Monaten sah man auch, dass Sam schwanger war. Mit 13. Als sie es bemerkten, weinte Sam den ganzen Tag. Sie würde zwar Glück haben, denn der Vater konnte ihrem Kind nichts tun. Trotzdem war es ein Schock. Sie wollte kein Kind, doch abtreiben lassen wollte sie es auch nicht. Neun Monate nach dem schrecklichen Tag, den keiner mehr erwähnte, gebar Sam Samuel. Er wurde im selben Krankenhaus geboren wie Mary. Die kleine Familie lebte glücklich weiter. Ihre Mutter fand nach ca einem Jahr wieder einen neuen Freund, Gregor. Sie heirateten und zogen in Gregors wundervolle Prachtvilla. Auch Suze hatte einen Freund und heiratete diesen. Die beiden wurden sehr glücklich. Sam nahm den neuen Nachnamen ihrer Mutter an und lebte glücklich. Samuel und sie hatten ihr eigenes kleines Reich in der großen Villa, obwohl sie erst 15 war und auch ihre Mutter und Gregor verstanden sich so gut, dass ihre Mutter einen kleinen Sohn, Marc, gebar. Samuel war gerade zwei geworden, da kam ein weiterer Schicksalsschlag in Samiras Leben. Sam kam gerade von einer Freundin. Ihre Mutter hat sich bereit erklärt auf Sam’s Sohn aufzupassen und darüber war Samira unendlich erleichtert. Als sie in ihre Straße bog, sah sie schon von weitem dichten Rauch aus Gregors Villa steigen. Samira trat schneller in die Pedale, doch als sie am Haus ankam merkte sie, es war zu spät. Die Feuerwehr stand schon bereit und löschte den Brand großflächig. Eine Polizistin kam auf Samira zu. „Ich würde Sie bitten weiter zu fahren.“, drängte sie leicht. „Meine Mutter, Gregor, SAMUEL!“, schrie Samira nur und Panik flackerte auf. Die Polizisten bemerkte, dass es Sam’s Familie war, dort gewohnt hatte. „Komm bitte mal mit.“, meinte sie freundlich und schob Samira vor sich her.
Sam musste Angaben machen, die sie ganz unter Trance gab. Danach wurde sie ins Krankenhaus gebracht. Sophie kümmerte sich sofort um sie. Nach einigen Wochen intensiver Behandlung auf einer psychatrischen Station erklärte man ihr, dass ihre Familie tot sei. Alle mit einander. Außer natürlich ihre Schwester. Samira hat so etwas schon erwartet. Samira beschloss, nicht länger in Australien zu bleiben und sie flog in die USA. Dort wanderte sie eine Zeit lang umher, doch sie konnte nirgends Fuß fassen. Nach einem Jahr kam sie zu einem kleinen Ort namens Pandora. Er gefiel der 16-jährigen und sie beschloss zu bleiben.